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Arbeitnehmererfindung – Kanzlei für IP

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Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung anhand von Beispielen

Die Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung ist ein zentrales Element des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG). Sie verbindet arbeitsrechtliche, patentrechtliche und wirtschaftliche Elemente.


1. Grundlagen der Arbeitnehmererfindervergütung

Gesetzliche Grundlage:

  • §§ 9–12 ArbEG bestimmen, dass dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung zusteht, wenn der Arbeitgeber eine Diensterfindung in Anspruch nimmt.

  • Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung.

Grundstruktur der Berechnung:

Die klassische Berechnungsformel lautet:

Vergütung=Erfindungswert×Anteilsfaktor


2. Elemente der Vergütung

a) Erfindungswert

Der Erfindungswert ist der monetäre Nutzen, den die Erfindung für den Arbeitgeber hat. Dieser wird ermittelt:

  • bei Eigenverwertung: durch die sog. Lizenzanalogie:
    Was hätte der Arbeitgeber zahlen müssen, wenn er die Erfindung hätte lizenzieren müssen?

  • bei Fremdverwertung (Lizenzierung): anhand des tatsächlich erzielten Umsatzes aus Lizenzen.

  • bei konzerninterner Nutzung oder Übertragung: mittels fiktiver Verwertung.

Typische Lizenzsätze:
Häufig zwischen 0,2 % bis 8 %, abhängig von Branche, Technologie, Lebenszyklus, Marktsituation und Innovationshöhe.


b) Anteilsfaktor

Der Anteilsfaktor ist in der Vergütungsrichtlinie 1959 (RiLi) geregelt und setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

Anteilsfaktor=A×B×C

  • A-Faktor (Position im Betrieb):
    z. B. Arbeiter = 1, Techniker = 2, Entwicklungsleiter = 3
    → spiegelt den Einfluss der betrieblichen Tätigkeit wider.

  • B-Faktor (Aufgabe & Anregung):
    z. B. Idee vollständig eigenständig = 3, teilweise = 2, vollständig auf Weisung = 1
    → misst den Anteil des Erfinders an der Lösungsidee.

  • C-Faktor (Aufgabe des Erfinders):
    z. B. Lösung lag außerhalb der arbeitsvertraglichen Pflicht = 3, innerhalb = 1
    → je fremder die Erfindung zum Arbeitsbereich, desto höher der Faktor.

Der resultierende Anteilsfaktor liegt in der Praxis meist zwischen 0,1 und 0,5, selten über 0,6.


3. Typische Beispiele & Vergütungshöhen

Beispiel 1: Maschinenbau

  • Erfindung: Getriebekomponente, die 10 % Effizienzgewinn bringt

  • Umsatz: 5 Mio. € über 5 Jahre

  • Lizenzsatz: 2 %

  • Erfindungswert: 100.000 €

  • Anteilsfaktor: 0,3

  • Vergütung: 30.000 € (verteilt über Nutzungsdauer)

Beispiel 2: Chemie / Pharma

  • Erfindung: Katalysator zur CO₂-Reduktion

  • Umsatzpotenzial: 20 Mio. €

  • Lizenzsatz: 4 %

  • Erfindungswert: 800.000 €

  • Anteilsfaktor: 0,2

  • Vergütung: 160.000 €

Beispiel 3: Software / Elektrotechnik

  • Erfindung: Algorithmus für Prozessoptimierung

  • Keine externe Lizenzierung, nur interne Einsparung:
    → Ermittlung über fiktive Lizenz

  • Fiktiver Lizenzsatz: 1 % von 1 Mio. € interner Nutzen

  • Erfindungswert: 10.000 €

  • Anteilsfaktor: 0,25

  • Vergütung: 2.500 €


4. Typische Tätigkeiten von Patentanwälten & Fachanwälten für gewerblichen Rechtsschutz

a) Beratung bei Diensterfindungen

  • Prüfung, ob es sich um eine Diensterfindung oder eine freie Erfindung handelt.

  • Begleitung bei der Erfindungsmeldung nach § 5 ArbEG.

b) Gestaltung & Prüfung von Vergütungsvereinbarungen

  • Entwurf von Vergütungsabreden (auch kollektivrechtlich)

  • Beratung zu Abgeltungsklauseln

  • Erstellung von Vergütungstabellen für Serienerfindungen

c) Lizenzanalytische Bewertung

  • Ermittlung eines angemessenen Lizenzsatzes im Wege der Lizenzanalogie

  • Zusammenarbeit mit Unternehmenscontrolling zur Ermittlung von Verwertungserlösen

d) Vertretung in Schiedsstellenverfahren

  • Antragstellung bei der Schiedsstelle beim DPMA

  • Verfassen von Schriftsätzen, Beweisführung und wirtschaftliche Herleitung der Forderung

  • Vergleichsverhandlungen mit Arbeitgeberseite

e) Verfahren vor Arbeits- und Zivilgerichten

  • Nachstreitige Verfahren bei Nichtannahme der Schiedsempfehlung

  • Zivilrechtliche Klage auf Zahlung / Auskunft bei § 242 BGB

f) Compliance & Unternehmensberatung

  • Implementierung eines rechtssicheren Erfindungsmeldeprozesses

  • Schulungen für F&E-Personal und IP-Abteilungen

  • Beratung bei konzerninterner Nutzung und internationalem Know-how-Transfer


5. Sonderfälle

  • Mehrere Erfinder: Vergütung wird aufgeteilt – oft prozentual nach Beteiligung.

  • Mehrfachnutzung (z. B. interne und externe Lizenzierung): doppelte Bewertung möglich.

  • Hochschulerfinder (§ 42 ArbEG): Vergütung nur bei tatsächlicher Verwertung – kein abstrakter Anspruch.

  • GmbH-Geschäftsführer ohne Anstellung: Keine Anwendung des ArbEG – ggf. Werkvertrag / Lizenzvertrag nötig.


6. Zusammenfassung

Die Arbeitnehmererfindervergütung ist ein hochkomplexes Regelungssystem, das juristische, technische und ökonomische Aspekte verknüpft. Für Patentanwälte und Fachanwälte im gewerblichen Rechtsschutz ist es ein praxisrelevantes Feld mit:

  • hoher Bedeutung für Unternehmen mit F&E-Strukturen

  • regelmäßigem Beratungsbedarf

  • vielschichtigen Streitigkeiten, die wirtschaftlich erheblich sein können

Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung anhand von Beispielen

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