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Arbeitnehmererfindung – Kanzlei für IP

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Entscheidungen der Schlichtungsstelle zum Arbnehmererfindergesetz

Entscheidung 1: Arb.Erf. 25/22 – Verbesserungsvorschlag oder Diensterfindung

  • Aktenzeichen: Arb.Erf. 25/22

  • Datum: 10. Februar 2023

  • Sachverhalt:
    Ein Mitarbeiter eines Industrieunternehmens brachte einen technischen Vorschlag ein, durch den ein Fertigungsprozess erheblich beschleunigt und Material eingespart wurde. Er meldete diesen Vorschlag bei der betrieblichen Innovationsabteilung als Verbesserungsvorschlag. Später vertrat er die Auffassung, dass es sich in Wahrheit um eine meldepflichtige Diensterfindung im Sinne des Arbeitnehmererfindungsgesetzes (ArbEG) handle. Er forderte eine höhere Vergütung gemäß § 9 ArbEG.

  • Entscheidung der Schiedsstelle:
    Die Schiedsstelle entschied, dass der eingereichte Vorschlag nicht die Anforderungen an eine Diensterfindung erfüllt. Der Vorschlag sei nicht ausreichend konkret und technisch abgeschlossen gewesen, um als Erfindung im patentrechtlichen Sinne gelten zu können. Die Umsetzung sei zudem maßgeblich durch das Unternehmen selbst weiterentwickelt worden. Damit handelte es sich lediglich um einen betrieblichen Verbesserungsvorschlag. Die Vergütungspflicht nach ArbEG greife nicht.

  • Bedeutung der Entscheidung:
    Diese Entscheidung betont die Abgrenzung zwischen Verbesserungsvorschlägen und echten Diensterfindungen. Nur letztere unterliegen den spezifischen Regelungen des ArbEG. Für Unternehmen und Arbeitnehmer ist die genaue technische Ausgestaltung und der Innovationsgrad entscheidend für die rechtliche Einordnung und die Anspruchshöhe.


Entscheidung 2: Arb.Erf. 13/21 – Erfindervergütung bei Eigennutzung und konzerninterner Schutzrechtsübertragung

  • Aktenzeichen: Arb.Erf. 13/21

  • Datum: 1. August 2022

  • Sachverhalt:
    Ein Entwicklungsingenieur reichte eine gemeldete Diensterfindung ein, die intern genutzt und auch konzernintern auf ein Schwesterunternehmen übertragen wurde. Der Arbeitgeber vergütete zunächst nur die interne Nutzung mit einem Pauschalbetrag. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass auch die konzerninterne Verwertung zu einer zusätzlichen Vergütung führen müsse.

  • Entscheidung der Schiedsstelle:
    Die Schiedsstelle schätzte den Gesamtwert der Erfindung auf zwei Verwertungsarten:

    1. Für die unternehmenseigene Nutzung wurde ein Lizenzsatz von 2 % auf einen erfindungsgemäßen Umsatz von 2.817.500 € angesetzt → Erfindungswert: 56.350 €

    2. Für die konzerninterne Schutzrechtsübertragung wurde ein fiktiver Lizenzwert von 14.000 € ermittelt.
      → Gesamtwert der Erfindung: 70.350 €.
      Der Arbeitnehmer erhielt nach einem Anteilsfaktor von 10 % eine Vergütung von 7.035 €.

  • Bedeutung der Entscheidung:
    Diese Entscheidung konkretisiert die Anwendung der Lizenzanalogie und zeigt, dass auch konzerninterne Nutzungen (z. B. durch Übertragung an Schwestergesellschaften) vergütungspflichtig sein können. Der Umfang der wirtschaftlichen Nutzung – auch ohne externe Lizenzvergabe – wird bei der Bemessung berücksichtigt. Arbeitgeber müssen sich bei der Konzernnutzung auf zusätzliche Vergütungsansprüche einstellen.

Entscheidung 3: Arb.Erf. 29/20 – Aufteilung des Lizenzsatzes bei kombinierter Schutzrechtslizenzierung

  • Aktenzeichen: Arb.Erf. 29/20

  • Datum der Entscheidung: 21. Juli 2023

  • Sachverhalt:
    Ein Arbeitnehmer entwickelte eine technische Erfindung, die gemeinsam mit weiteren Schutzrechten im Rahmen eines Lizenzvertrages an ein externes Unternehmen vergeben wurde. Der Vertrag sah einen Lizenzsatz von 6 % vor, bezog sich jedoch auf ein Schutzrechtspaket, bestehend aus mehreren Patenten – darunter die streitgegenständliche Erfindung und ein ergänzendes Patent mit bloßer Sicherungsfunktion. Der Arbeitnehmer forderte eine höhere Vergütung, da seine Erfindung aus seiner Sicht der wesentliche Lizenzgegenstand war.

  • Entscheidung der Schiedsstelle:
    Die Schiedsstelle analysierte die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Schutzrechte im Lizenzvertrag. Sie kam zum Ergebnis, dass die Erfindung des Antragstellers ca. 70 % des Werts ausmachte. Daraus ergab sich ein anteiliger Lizenzsatz von 4 % (70 % von 6 %). Da keine exklusive Lizenz vergeben wurde, wurde zusätzlich ein fiktiver Lizenzsatz von 5 % angesetzt, um die Verwertbarkeit realistischer abzubilden. Der Arbeitnehmer erhielt auf dieser Basis eine höhere Erfindervergütung als zunächst angeboten.

  • Bedeutung der Entscheidung:
    Diese Entscheidung zeigt, dass bei der Bewertung von Lizenzsätzen in gemischten Schutzrechtspaketen der wirtschaftliche Kernanteil der Diensterfindung ermittelt werden muss. Die Lizenzsatzermittlung orientiert sich nicht schematisch am Vertrag, sondern differenziert anhand des tatsächlichen Nutzwerts. Für Praxis und Vertragsgestaltung ist das relevant, insbesondere bei Portfoliolizenzen.


Entscheidung 4: Arb.Erf. 56/22 – Keine Vergütung bei nicht verwerteter Hochschulerfindung

  • Aktenzeichen: Arb.Erf. 56/22

  • Datum der Entscheidung: 19. Juli 2023

  • Sachverhalt:
    Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer staatlichen Hochschule meldete eine technische Erfindung. Die Hochschule beanspruchte sie fristgerecht, betrieb jedoch keine aktive Verwertung – weder durch Lizenzierung noch durch Verwertung im eigenen Betrieb. Der Hochschulmitarbeiter verlangte dennoch eine Vergütung, gestützt auf seine Beteiligung als Erfinder.

  • Entscheidung der Schiedsstelle:
    Die Schiedsstelle entschied unter Bezug auf § 42 ArbEG, dass bei Hochschulerfindungen eine Vergütungspflicht nur dann besteht, wenn die Hochschule tatsächlich Einnahmen durch eine Verwertung erzielt. Eine bloße Inanspruchnahme ohne anschließende Nutzung oder wirtschaftliche Verwertung führt nicht zu einem Vergütungsanspruch. Der Antrag des Mitarbeiters wurde daher abgelehnt.

  • Bedeutung der Entscheidung:
    Diese Entscheidung verdeutlicht den Unterschied zwischen der Vergütungspflicht bei klassischen Industrieerfindungen und Hochschulerfindungen. Bei letzterem besteht keine allgemeine Pflicht zur Erfindervergütung – diese ist an den wirtschaftlichen Verwertungserfolg gebunden. Für Hochschulen und deren Mitarbeiter ist das eine wichtige Klarstellung über die Bedingungen, unter denen eine Beteiligung überhaupt entsteht.

Entscheidungen der Schlichtungsstelle zum Arbnehmererfindergesetz

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